Aus der Nachbarschaft

Das Kübelchen weniger Abfall macht den Unterschied

Rein in den Kübel, was in den Abfall soll.

Oft ganz beiläufig wird Abfall fallen und liegen gelassen. Beinahe genauso beiläufig kann er jedoch auch aufgehoben werden: Jessica Amberg zeigt, dass man auch ohne grosse Aktionen einen Unterschied machen kann.

«Wenn irgendwo Abfall in den Büschen hängt oder am Strassenrand liegt, dann wird weiterer dazukommen.» Diese Aussage von Jessica Amberg könnte wahrscheinlich als zivilisatorisches Naturgesetz bezeichnet werden. Wenn man ihn jedoch gleich entfernt, sammelt sich auch nicht so schnell wieder neuer an. Und genau das tun Amberg und ihre Familie. Sie heben Abfall auf, zupfen ihn aus den Büschen in ihrem Quartier, nehmen ihn mit bei Wanderungen oder Spaziergängen im Wald.

«Das ist wirklich absolut kein Ding», betont Amberg immer wieder, während sie auf der Holzbank an der Sonne sitzt. Wir sind auf dem Spielplatz am Stadtluzerner Eigerweg, wo Amberg mit ihrer Familie lebt. Ihr Engagement, das viele im Quartier schätzen, nimmt sie selbst gar nicht als solches wahr. Denn da sind keine Einsatzpläne, keine grossen Wege, keine Organisation. «Wir führen keine Güsel-Aktionen mit Teams an Terminen durch. Es ist einfach eine spontane Reaktion auf Abfall in unserem Umfeld.»

Spass für die Kinder
Wenn sie draussen sei auf dem Plätzli, dem Spielplatz, wenn die Kinder spielen, dann sammle sie öfter etwas ein. Dann gibt sie ihren Kindern ein Kübelchen in die Hand und die füllen sich schnell, auch mit viel Spass am Sammeln. Um die Zigarettenstummel kümmert sich die 37-Jährige dann selbst, doch auch ein Nachbar sammle öfter mal Abfall ein.

Im Moment sehe es tatsächlich recht gut aus, findet Amberg, während sie sich umschaut. Doch der Sommer kommt erst noch, und damit steigt der Betrieb auf den Plätzen im Quartier und das Littering. Besonders wenn die Büsche wieder frisch geschnitten worden seien, werde das Ausmass sichtbar, und es gebe viel zu tun. «Dann findet man auch mal Verpackungen mit Designs aus dem letzten Jahrhundert und vergessenen Marken, die einem zwischen den Fingern zerbröseln», so Amberg. Das Schrägste jedoch, das bisher in den Büschen aufgetaucht sei, war ein riesiges Stück rohes Fleisch. «Da lag bestimmt ein Kilo Fleisch wie drapiert», erzählt Amberg und lacht. Als sie es kurze Zeit später entfernen wollte, sei bereits die Polizei angerückt, um das Stück wegen Verdachts auf Vergiftungsversuche an Tieren zu prüfen.

Eine andere Ebene, was Abfall angeht, erlebt die Familie nach den Fanmärschen, die durchs Quartier in Richtung Allmend-Stadion führen. Den zu entfernen, überlässt Amberg dann gerne den Profis mit ihren Maschinen. Doch auch für ihre «Arbeit» habe sie nach einer Weile bei der abl nach Abfallzangen gefragt. Auch ein paar Abfallsäcke seien ihnen bereitgestellt worden. Etwas seltsam wäre es doch, die Entsorgung des Abfalls der Öffentlichkeit dann privat zu bezahlen.

Geschärftes Bewusstsein
Seit zehn Jahren lebt die Wirtschaftsingenieurin in Luzern, seit rund zwei Jahren am Eigerweg. Früher habe sie das Thema Abfall kaum beschäftigt. Doch mit kleinen Kindern sei man schlicht näher am Boden dran. Ihre Kinder sind zwei und vier Jahre alt, und ihnen mitzugeben, dass alles wieder von jemandem aufgelesen werden muss, was man irgendwo hinschmeisse, ist Amberg wichtig. Bei ihrem Vierjährigen jedenfalls habe es bereits angeschlagen: «Spazieren wir im Wald, ist er es oft, der uns auf Abfall hinweist, damit wir ihn einpacken und zum nächsten Abfalleimer mitnehmen», erzählt sie.

Amberg ist in einem kleinen Dorf im Aargau auf­gewachsen, vielleicht komme ihr Bewusstsein dafür teilweise daher, was Abfall bei der Landschaft, aber auch bei den Tieren, sowohl den wilden als auch den domestizierten, anrichten kann. Erstmals wirklich klar geworden, was Leute alles in der Natur hinterlassen, jedoch sei ihr, als sie als Teenager mit einem Tauch- und einem Fischerverein an einer Aare-Putzete teilgenommen habe.

Wenn aus dem Güselsammeln Spiel wird: Jessica Amberg mit ihren Kindern unterwegs.

Wenigstens den eigenen Güsel mitnehmen
Sie wünsche sich, dass mehr Leute Abfälle aufheben, die sie besonders in der Natur antreffen. Und natürlich die eigenen Abfälle einfach mitnehmen. «Ich weiss nicht, was die Leute dazu bewegt, ihren Abfall einfach fallen und liegen zu lassen. Bequemlichkeit bestimmt und wahrscheinlich auch Gleichgültigkeit.» Dass das, was sie tue, kein Aufwand sei und nichts Besonderes, erwähnt Amberg mehrfach. Je öfter sie es betont, umso klarer wird, dass man auch selbst öfter etwas aufheben sollte.

Inspiriert? 
Wenn Sie die Familie Amberg inspiriert hat und Sie nun auch mit Greifzangen und Müllsäcken ausgestattet werden möchten, melden Sie sich bei der Abteilung Genossenschaftskultur und Soziales: genossenschaftskultur (at) abl.ch

Machen Sie die Familie Amberg «arbeitslos» 
Bitte entsorgen Sie Ihren Abfall sachgemäss: Auf den Kompost gehört zum Beispiel kein Plastik, Kartonabfall bitte gebündelt und erst am Vorabend des Sammeltages vors Haus stellen. Dasselbe gilt für die Müllsäcke überall dort, wo keine Container vorhanden sind.